Wo beginnt ein Machtmissbrauch und hat dieser etwas mit einer Zweiklassengesellschaft zu tun? Grosse und mächtige Worte und Fragen, welche sich wahrscheinlich nicht einfach beantworten lassen. Wo finden Machtverhältnisse statt? Eltern-Kinder, LehrerInnen-SchlülerInnen, ArbeitgeberIn-ArbeitnehmerIn, VermieterIn-MieterIn (Liste nicht abschliessend) sind einige alltägliche Verhältnisse wo es relativ einfach zu Machtmissbrauch kommen kann.
Ich möchte Euch heute von einer Situation erzählen, welche mir selbst widerfahren ist. Wenn ihr meine Artikel regelmässig liest, wisst ihr, dass ich schon seit über 20 Jahren als Mieterin in der Stadt Zürich lebe. Seit nun mehr 11 Jahren in der aktuellen Wohnung. Das Haus gehört einem privaten Ehepaar, welches viele Mehrfamilienhäuser in der Stadt Zürich besitzt. Sie kaufen ältere Mehrfamilienhäuser und renovieren diese sorgfältig, sie bauen auch neue Mehrfamilienhäuser in der Stadt. Soweit so gut. Kürzlich ist meine Familie in eine ‘Notlage’ gerutscht. Eine sieben jährige Hündin, ein Familienmitglied, musste neu platziert (Todes- und Krankheitsfall) werden. Nach Absprache mit der Tierärztin wäre es für die Hündin das Beste, wenn sie einen Platz innerhalb der Familie erhalten könnte. Leider sind die Optionen begrenzt und ein Leben an meiner Seite hätte sich angeboten. Ich wusste bereits, dass das Eigentümer Ehepaar generell keine Haustiere in ihren Häusern erlaubt. Da ich aber immer zuerst an Ehrlichkeit, Transparenz und das Gute im Menschen glaube, habe ich die Situation offen erläutert. In der Hoffnung, dass diese Menschen eine sorgfältige, loyale und problemlose Mieterin nach 11 Jahren schätzen und die Situation mit einem Minimum an Empathie nachvollziehen können. Was soll ich Euch sagen. Profit siegt über Empathie. Macht und Geld über Menschen. Die Antwort war ein kommentarloses und unwiderrufliches Nein. Als Mieterin bin ich machtlos, denn leider ist es so, dass durch den grossen Wohnungsmangel und die überhöhten Mietpreise in der Stadt den Eigentümern sogar noch mehr Macht zugesprochen wird als sie sowieso schon haben. Als Mieterin hat man/frau da keinerlei Chancen. Ich bin wortwörtlich in einer machtlosen Position.
Dieses Ehepaar entscheidet nun also über das Leben des Hundes, über mein Leben und das Leben des Hundebesitzer und verursacht damit viel Trauer und Wut. Mich zermürbt dieser Aspekt, denn auch nach juristischen Abklärungen ist das Recht auf Seite der EigentümerIn. Der Rechtsanwalt fand die Entscheidung der EigentümerIn nicht nachvollziehbar aber eben rechtens. Tatsächlich wäre es sogar so gewesen, dass wenn im Mietvertrag kein konkretes Haustierverbot steht und man/frau sich gegen die Transparenz und Ehrlichkeit entschieden hätte, ein Haustier sogar hätte angeschafft werden können. Denn daraus würde sich eine Art ‘Gewohnheitsrecht’ entwickeln und das Haustier wäre somit nicht mehr ein knallharter Kündigungsgrund.
Natürlich finde ich es in Ordnung, dass eine EigentümerIn über ihr Eigentum entscheiden kann. Aber ich finde auch, dass Einzelfälle wie meinen durchaus eine Berechtigung haben fair beurteilt zu werden. Die EigentümerIn wissen im meinem Fall nach 11 Jahren genau, was sie an mir haben und wie sorgfältig ich mit ihrem Eigentum seit Jahren umgehe. Sie wissen auch, dass dies mit Hund nicht anders wäre und dass es für mögliche Schäden Versicherungen gibt, welche diese abdecken würden. Zudem, sind wir mal ehrlich, jeder der Kinder hat weiss, dass der Lärm und die Schäden weit über die Haltung eines kleineren Hundes gehen.
Nun ja, was soll ich Euch sagen, im Moment ist mein Glaube an Ehrlichkeit, Transparenz oder eine vorbildliche Mieterin zu sein sehr gestört. Auch ist mein Glaube an die Menschlichkeit und Empathie temporär am Boden. Macht und Geld scheinen in diesem Fall zu siegen. Ob dies gerecht ist? Wahrscheinlich nicht. Aber es ist rechtens und es ist eben wie es ist. Ich gebe nicht auf, irgendwo wird es auch Menschen mit Einfluss und Empathie geben, die nicht nur Wohnräume, sondern eben auch Lebensräume vermieten. Wünscht mir Glück.
Etwas schwerfällige Grüsse
Eure Madame Alltag
Zürich, geschrieben im April 2023